Kai Gehrmann und Florian Aicher kennen sich seit vielen Jahren. Was sie verbindet – den einen als Designer und Art Director, den anderen als Sohn und Architekten – ist ihre Wertschätzung für den Kommunikationsdesigner, Typografen, Hochschullehrer und Publizisten Otl Aicher.

So verwundert es nicht, dass beide auf die Idee kamen, den 1991 verstorbenen Designer zum 100. Geburtsjubiläum angemessen zu würdigen und einen Diskurs über Leben und Werk zu initiieren: Mit einer Internetpräsenz, die seit dem Geburtstag Aichers am 13. Mai freigeschaltet ist; und mit einer Veranstaltungsreihe, die die Aktualität seiner Arbeit in den Mittelpunkt stellt.

IDZ-Website zum 100. Geburtstag, designed von S/O/G: www.otlaicher100.de

Das Internationale Design Zentrum Berlin (IDZ) wurde als Projektträger gewonnen, unterstützt von namhaften Förderern wie der Kulturstiftung des Bundes und der von Otl Aicher geprägten Unternehmen ERCO (Licht) und FSB (Beschläge).

Designer, Buchautor, Essayist

Kai Gehrmann, künstlerischer Leiter von „otl aicher 100“ und Partner der Agentur Stiehl/Over/Gehrmann (S/O/G) in Berlin und Osnabrück: „Aicher war nicht nur Designer, sondern auch Buchautor und Essayist. Ein gestaltender Intellektueller, der die Geschichte der Bundesrepublik gleichermaßen prägte und widerspiegelte und Generationen von Designern und Architekten maßgeblich in ihrem Schaffen beeinflusst.“

Gestaltender Intellektueller: Literatur von Otl Aicher

Mit der Hochschule für Gestaltung in Ulm, die Otl Aicher 1953 gemeinsam mit seiner Frau Inge Aicher-Scholl und dem Designer Max Bill gründete, knüpfte der Gestalter nicht nur an die Bauhaus-Tradition der Weimarer Republik an, sondern wurde zum Wegbereiter für die Designkultur der jungen Bundesrepublik. Lufthansa, Junghans oder Braun ließen in den 1950er/1960er Jahren an der „Ulmer Schule“ gestalten. Kai Gehrmann: „Inge Aicher-Scholl, älteste Schwester der von den Nazis ermordeten Geschwister Sophie und Hans Scholl und frühe Friedensaktivistin der Bundesrepublik, spielte bei der Gründung eine maßgebliche Rolle. Für die Initiatorin der Volkshochschule Ulm war die HfG das zweite Projekt, in dem die junge Demokratie auf den Weg gebracht werden sollte.“

Entwurf: Otl Aicher © Florian Aicher, HfG Archiv/Museum Ulm

Von der Ulmer Schule zu Olympia nach München

Die Ära der HfG Ulm endete 1968 jäh an internen Querelen und schließlich der Sperrung von Zuschüssen durch die Baden-Württembergische Landesregierung. Für Otl Aicher, selbst zwei Jahre Rektor der HfG, begann aber bereits 1967 ein neuer Lebensabschnitt, der ihn weltberühmt machte: Er wurde Gestaltungsbeauftragter für die Olympischen Spiele 1972 in München, die er ganz bewusst zum bunten und fröhlichen Gegenteil der von den Nazis für ihre Propaganda instrumentalisierten Olympischen Spielen 1936 entwickelte. Kai Gehrmann: „Aichers farbenfrohe Olympia-Gestaltung war auch ein politisches Statement – ein sichtbares Zeichen eines anderen Deutschlands.“

piktogramm.de / Über 750 Piktogramme, Lizenzierung durch S/O/G

Zeichen statt Worte: Die Piktogramme von Otl Aicher

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich parallel zu Aichers 100. Geburtstag die Olympischen Spiele von München in diesem Jahr zum 50. Mal jähren. Weit über die Spiele hinaus behielten nämlich die von Otl Aicher entwickelten Piktogramme gestalterische Gültigkeit und werden heute exklusiv von Stiehl/Over/Gehrmann lizensiert und weiterentwickelt. Dazu noch einmal Kai Gehrmann: „Wenn heute der Flughafen München, das Design Museum in London oder andere Unternehmen und Institutionen neue Zeichen für aktuelle Anwendungen brauchen, sind wir von S/O/G die Ansprechpartner.“

Urheberrechtlich geschütztes System, exklusiv weiterentwickelt von S/O/G: Piktogramme von Otl Aicher

Alle, die im weitesten Sinne mit Sport zu tun haben, werden sich anlässlich des 50. Jahrestages der Olympischen Spiele von München gerne an die zeitlosen und einprägsamen Piktogramme erinnern, die nach wie vor in aller Welt Verwendung finden. Auf welche Weise sie in Kürze ganz besonders in Mode kommen, verrät Kai Gehrmann aber erst nach dem 19. Mai.